Colmar, Mitglied des Zehnstädtebundes
Colmar war eine der zehn reichsunmittelbaren - d.h. nicht der Landeshoheit eines Fürsten, sondern nur Kaiser und Reich unterstehenden - Städte im Elsass, die sich zum sogenannten Zehnstädtebund zusammenschlossen. Noch heute sind die zehn Städte stolz auf ihre Zugehörigkeit zu dem berühmten Bund, dessen Erwähnung nicht selten nostalgische Gefühle aufkommen lässt. Sicher vermisst so mancher die glücklichen Zeiten, in denen die Städte lieber Bündnisse schlossen, statt sich gegenseitig zu bekämpfen. Schließlich war der Zehnstädtebund der erste Zweckverband von Gemeinden im Elsass, dem obendrein eine lange Lebensdauer beschieden war, denn er funktionierte bis zur Französischen Revolution. Die "Décapole", so die französische Bezeichnung, ist Mythos und Folklorerequisit zugleich.
Dabei sieht die Wirklichkeit zur Zeit ihres Entstehens ganz anders aus. Im 14. Jahrhundert sind die Städte noch anfällige Gebilde. Sie wecken die Begierde der Grundherren, und die Rechte, die der Kaiser ihnen einräumt, stehen auf schwachen Füßen. So ist es nahe liegend und dringend notwendig, dass sie sich gegenseitig helfen, um ihren Status als freie Reichsstädte zu bewahren, der sie von der Bevormundung durch Lehnsherren befreit und direkt unter kaiserlichen Schutz stellt. Bereits 1342 haben sich 7 elsässische Städte zu einem von Kaiser Karl IV. gebilligten Bund zusammengeschlossen. Karl IV. ist auch der Urheber des Zehnstädtebundes, der am 28. August 1354 ins Leben gerufen wird.
Weißenburg, Hagenau, Rosheim, Oberehnheim (Obernai), Schlettstadt, Kaysersberg, Colmar, Münster, Türkheim und Mülhausen schließen sich zusammen, um ihre Vorrechte und ihren Status als Reichsstädte zu verteidigen. Im Fall eines Angriffs von außen, aber auch bei internen Schwierigkeiten eines Mitglieds wollen sie sich gegenseitig unterstützen, so lautet die Abmachung, aber sie sind pragmatisch genug, auch Zwistigkeiten unter den Mitgliedern nicht auszuschließen - diese sollen auf gütlichem Wege beigelegt werden. Da alle ihre Unabhängigkeit und ihre eigenen Interessen wahren wollen, sorgen sie dafür, dass ihre Mitgliedschaft beim Zehnstädtebund ihre Handlungsfreiheit nicht einschränkt.
Innerhalb des Bundes sind alle Städte gleichberechtigt, es existiert keinerlei Hierarchie. Man ist sich einig, dass Hagenau sich als Verwaltungszentrum geradezu anbietet- schließlich residiert hier der Landvogt, der seit dem 13. Jahrhundert die kaiserliche Domäne im Elsass verwaltet. Colmar, die mit Abstand bedeutendste Stadt des Bundes, und Hagenau als Verwaltungszentrum entsenden im Namen des Zehnstädtebundes Abgeordnete zu den Reichstagen und Versammlungen der Reichsstädte. Der kaiserliche Schutz gewährt ihnen in bestimmten Fällen auch militärische Garantien - im Notfall werden Kontingente in den Städten ausgehoben und unter den Befehl des Landvogts gestellt -sowie zusätzliche Rechtsmittel. Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt zwischen einer Reichsstadt und einer reichsunmittelbaren Domäne oder auch zwischen dem Rat und einem Bürger derselben Stadt, dann übernimmt das Landgericht von Hagenau die Rolle des Schiedsrichters. Mit dem Beitritt zum Zehnstädtebund bekundet Colmar seine Freiheit und gleichzeitig seine Solidarität. Straßburg, das den Status einer freien Stadt besitzt, ist die bedeutendste Reichsstadt des Elsass- auf Platz zwei folgt Colmar.