Skip to main content

Colmar, Stadt des Deutschen Kaiserreichs

Der am 10. Mai 1871 unterzeichnete Frieden von Frankfurt besiegelt das Schicksal der beiden elsässischen und des Mosel-Départements. Sie werden Deutschland zugeschlagen. So endet der Deutsch-Französische Krieg, der am 19. Juli 1870 begonnen wurde, auf dramatische Weise. Ein Reich ist zusammengebrochen: das des Kaisers Napoleon III.- ein anderes Reich wird ausgerufen: das Deutsche Kaiserreich.

Das Elsass hat besonders schwere Wunden erlitten. Auf seinem Boden haben die heftigsten Kämpfe stattgefunden. Morsbronn, Froeschwiller und Reichshoffen gehören heute zum historischen Erbe des Elsass. Ihre Namen sind Legende geworden: sie leisteten heroisch Widerstand, konnten die Niederlage aber nicht abwenden. Die Belagerung von Straßburg und die Zerstörung der Bibliothek, wobei das kostbare Original des Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, eines der schönsten Manuskripte des 12. Jahrhunderts, verbrannte, gehören zu den schmerzhaften Erinnerungen der elsässischen Geschichte, ebenso wie der vergebliche Widerstand der Colmarer und die Kämpfe an der Brücke von Horburg am 14. September 1870, an denen sich Bartholdi beteiligte.

Colmar verliert auch im Kampf gegen die zahlenmäßig überlegenen badischen Truppen. Dabei handelt es sich eher um Scharmützel als um schwere Gefechte. Die französischen Militärbehörden haben den Rückzug der Garnison in die Vogesen angordnet, während Bürgermeister Peyerimhoff für die Aufrechterhaltung der Ordnung in Colmar sorgen soll, das zur offenen Stadt erklärt worden ist. Es folgt eine Zeit der Ungewissheit, in der die Colmarer keine Franzosen mehr und noch nicht Deutsche sind. Die ersten deutschen Beamten treffen ein. Der Stadtrat bleibt vorerst in unveränderter Form. Bei den Wahlen für die französische Constituante, die von den Besatzern toleriert werden, triumphierte die patritotische Liste. Ein letztes Aufbegehren vor dem Frankfurter Frieden? Nein, denn Colmar zeichnet sich auch durch die Zahl derer aus, die sich für die französische Staatsangehörigkeit entscheiden, so wie es eine ungewöhnlich liberale Verfügung des Frankfurter Friedens vorsieht. 3587 Personen und damit 15 % der Einwohner entscheiden sich für Frankreich. Unter ihnen Bartholdi, der schwört, dass er nie wieder in seine Heimatstadt zurückkehren wird. Den Schwur hat er nicht gehalten.

Colmar verläßt Frankreich unter Protest. Aber mit dem Realitätssinn, der den Colmarern seit jeher eigen ist, passt sich die Stadt den neuen Gegebenheiten an. Die Reichsbehörden beschließen, dass Colmar Verwaltungshauptstadt bleiben soll. Aus dem Département wird ein Bezirk, und der umfasst das alte Gebiet mit Ausnahme von Belfort und Umgebung, die ausgegliedert werden. Auch das Berufungsgericht bleibt in Colmar. 1875 zählt die Stadt 23999 Einwohner, damit ist sie wieder so groß wie zu Zeiten des alten Reiches. Zwar verlassen viele Elsässer ihre Heimat, aber dafür wandern Deutsche, meist Beamte, ein. Zudem macht ein regelmäßiges Bevölkerungswachstum die Verluste wett.